Im Dezember 2010 beschloss der Landtag in Düsseldorf einstimmig den Aufbau eines inklusiven Schulsystems in NRW. Inklusion bedeutet, dass alle Schüler, auch die mit körperlicher oder geistiger Behinderung in einer „Allgemeinen Schule“ zusammen unterrichtet werden sollen. Dieses Recht für gemeinsames Lernen leitet sich aus dem Grundgesetz (Art. 3 – Gleichheitsgesetz) und der UN-Behindertenrechtskonvention ab. Doch wie soll diese Inklusion umgesetzt werden? Bis wann und in welchem Ausmaß? Wie ist dieser Beschluss finanziell und personell umsetzbar? Viele offene Fragen, die es zu beantworten gilt. Auf Einladung der beiden Bundestagsabgeordneten Oliver Kaczmarek und Dieter Wiefelspütz diskutierte Landtagsabgeordnete Rüdiger Weiß zusammen mit Vertretern aus Wissenschaft und Politik bei einer Podiumsdiskussion im Berufskolleg Bergkamen über die Fahrtrichtung dieser Inklusionsbemühungen.
Noch in den kommenden Wochen wird der Landtag einen Inklusions-Aktionsplan vorlegen. Norbert Killewald, Behindertenbeauftragter der Landesregierung erzählte, dass bereits in einigen grundlegenden Punkten Einigkeit herrsche. Erstens haben SchülerInnen mit Behinderung einen Rechtsanspruch auf inklusive Bildung, zweitens soll die Allgemeine Schule der Regelförderort werden und drittens dürfen die Eltern allein die Schule ihrer Kinder bestimmen. In knapp zehn Jahren (Zielperspektive 2020) sollen so 85% der SchülerInnen mit Behinderung inklusiven Schulunterricht in NRW erhalten (bislang sind es 25% in Grundschulen und 11% in der Sekundarstufe I.)
Doch der erwartete Aktionsplan wird „keine Bibel“, betonte Rüdiger Weiß bei der Diskussion. Nicht alle Probleme, die im Alltag auftauchen werden, können mit diesem Plan gelöst werden. Eltern und Schülern müssen sich „sofort melden, wenn sie merken, dass es so nicht geht…“. Vor allem bedarfsgerechtes Handeln ist gefragt. Dem stimmten auch viele der knapp 100 Zuhörer zu.
Doch der Inklusionsplan muss nicht nur eine Verpflichtung für die Lehrkräfte und Schüler sein, er stellt auch eine große Chance für eine neue Form des Lernens dar, fügt Bundestagsabgeordneter Wiefelspütz an. Schüler mit unterschiedlichen Lernhintergründen und Leistungsstärke können durchaus voneinander profitieren. Pilotstudien mit einigen Klassen zeigen ein besonders positives Lernklima, betonte Dr. Stefanie Kuhlenkamp von der TU Dortmund. Inklusion ist für sie aber in besonderem Maße an die „Allgemeine Schule“ geknüpft. „In einem gegliederten Schulsystem, wie wir es heute haben, wird Inklusion nicht funktionieren!“
Dem schloss sich auch der Gastgeber der Veranstaltung, Oliver Kaczmarek an, der zum Schluss der Veranstaltung auch einen wichtigen Punkt ansprach, der in dieser Debatte um Inklusion häufig unter den Tisch fiel. „Ich finde wichtig, dass auch die Sicht der Schüler und ihre Bedenken und Hoffnungen angehört werden. Die Sicht der Politik, der Lehrer und der Eltern kennen wir ja bereits sehr gut. Aber mit den Betroffenen selber zu sprechen halte ich für absolut notwendig“.