Gesamtschule oder Gymnasium in Lengerich? Rüdiger Weiß, Schulexperte der SPD-Landtagsfraktion, schließt bei einer Info-Veranstaltung des Ortsvereins eine Lösung mit beiden Schulformen nicht aus. Die Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema „Entwicklung der Schuldlandschaft in Lengerich“ des SPD-Ortsvereins stieß auf reges Interesse. „Es ist schön, dass so viele Lokalpolitiker aus Lengerich und Lienen und auch viele Lehrer der lokalen Schulen den Weg zu uns gefunden haben“, freute sich Björn Schilling, Vorsitzender des Ortsvereins. Gleichzeitig bedauerte er nach Angaben der Partei, dass offenbar die Eltern in der Minderheit waren.
Andreas Kuhn, Fraktionsvorsitzender der SPD und an diesem Abend Moderator machte deutlich, dass es der Partei darum gehe, die Öffentlichkeit möglichst früh zu informieren und umfassend in den Planungs- und Abwägungsprozess einzubeziehen: „Wir wollen Betroffene zu Beteiligten machen“.
Der geladene Redner Rüdiger Weiß, für die SPD-Landtagsfraktion im Schul- und Kulturausschuss vertreten, machte mehrfach deutlich, dass er bei der Veranstaltung nicht als Werber für eines der beiden konkurrierenden Konzepte (Sekundar- oder Gesamtschule) auftreten möchte.
Er beschrieb zunächst die Grundzüge des nordrhein-westfälischen „Schulfriedens“ und stellte dar, was die Sekundarschule von den anderen Schultypen unterscheide. Auf die Situation in Lengerich eingehend erteilte er einigen Handlungsoptionen eine deutliche Absage „Eine neue Sekundarschule neben einer Realschule ist Blödsinn und wird nicht funktionieren.“
Bei der Gründung einer Sekundarschule komme es darauf an, deutlich zu machen, dass es einen Neuanfang gebe. „Die neue Schulform des längeren gemeinsamen Lernens muss von Anfang an als solche erkennbar sein“, unterstrich Weiß. Das sei nicht gegeben, wenn man nur neue Schilder aufhänge oder eine Sekundarschule quasi als „Resteschule“ neben der Realschule und dem Gymnasium entstehe.
Rüdiger Weiß hält es für sinnvoll, in Lengerich entweder eine Sekundarschule oder eine Gesamtschule zu gründen. „Nach den Zahlen, die mir vorliegen, ist beides möglich“, urteilte der Landtagsabgeordnete.
Die Sekundarschule bezeichnete er als kleine Schwester der Gesamtschule. Der wesentliche Unterschied bestehe darin, dass die Sekundarschule über keine eigene Oberstufe verfüge, die zum Abitur führt.
Dieser Umstand mache nach Auffassung von Weiß die Sekundarschule für die Eltern weniger attraktiv, weil viele Eltern möchten, dass ihr Kind möglichst an einer Schule alle Bildungsabschlüsse erlangen könne. Die Gesamtschule habe zudem gegenüber dem Gymnasium die Besonderheit, dass dort das Abitur nach 13 und nicht nach zwölf Jahren erworben werde.
Die von einigen Gymnasiallehrern geäußerte Befürchtung, dass eine Gesamtschule dem Gymnasium starke Konkurrenz machen könne, und sich beide Schulformen die Schüler für die Oberstufe wegnehmen könnten, teilte Rüdiger Weiß laut Bericht des SPD-Ortsvereins nicht.
Artikel Westfälische Nachrichten, 5.3.2012