Am 03.05.2019 stand der Bevollmächtigte der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrags über die deutsch-französische Zusammenarbeit, Herr Ministerpräsident Armin Laschet, zu den Schwerpunkten seines Mandats, dem Ausschuss für Europa- und Internationales, Rede und Antwort. Als Vertreter der Bundesländer und des Bundes rief er dazu auf den Aachener Vertrag durch stärkere Austauschprogramme, Sprachförderung an Schulen, gesellschaftliche Solidarität und Kooperation auf kommunaler und behördlicher Ebene „mit Leben zu füllen“.
In seinen Ausführungen bezeichnete der Ministerpräsident den Aachener Vertrag als „die deutsche Antwort“ auf die Rede des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu Sorbonne vom 26.11.2017 (Beleg Ausschussprotokoll). Diese Aussage überraschte, angesichts der Tragweite der inhaltlichen Forderungen, die sich in der Sorbonner Rede wiederfinden. Insbesondere in den Bereichen Klimaschutz, Wirtschaft, Solidarität und Sozialkonvergenz wurden nur allgemeine Bruchteile von Macrons Vorschlägen in den Aachener Vertrag aufgenommen. Während sich Frau Kramp-Karrenbauer für „einen gemeinsamen Binnenmarkt für Banken“ aussprach, lehnt sie Solidarität in sozialen Fragen, beispielsweise durch „eine Europäisierung der Sozialsysteme und des Mindestlohns“, ab.1 Diese Zurückhaltung auf deutscher Seite spiegelt die Unentschlossenheit und die widersprüchlichen Signale der CDU bei wichtigen Fragen der europäischen Zusammenarbeit wider. Die offensichtlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen der CDU Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und ihrem Stellvertreter Armin Laschet bei Themen wie einer europäischen CO2-Steuer oder einer Förderung der Sozialkonvergenz, lassen befürchten, dass nicht nur auf Bundesebene sondern auch in Nordrhein-Westfalen das europäische Projekt nicht die so dringend benötigten Impulse für seine Weiterentwicklung erfährt. Insbesondere bei der Debatte um eine mögliche CO2-Steuer wurden die Meinungsverschiedenheiten deutlich. Während der Ministerpräsident aussagte er „halte das für falsch, einfach Nein zu sagen“2, unterstellte Frau Kramp-Karrenbauer den Befürwortern Denkfaulheit: “Deswegen ist die Frage, ob wir, weil wir zu faul sind zum Nachdenken, ob es bessere Methoden gibt, einfach mal insbesondere kleine Leute über Gebühr belasten.”
Angesichts sich wandelnder Mehrheitsverhältnisse im Europäische Parlament, der nach wie vor bestehenden Unklarheiten über die Zukunft der EU-Finanzen und des künftigen Führungspersonals auf europäischer Ebene sowie der großen Herausforderungen denen sich die EU aktuell ausgesetzt sieht, muss für die Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens Klarheit über die Rolle NRWs im europäischen Kontext herrschen.
Aus diesen Umständen ergeben sich die folgenden Fragen:
- Welche Schritte wird der Ministerpräsident und Bevollmächtigter unternehmen, um auf die noch offen gebliebenen Fragen der Sorbonne-Rede des französischen Staatspräsidenten Macron (auch gegen die inhaltliche Gegenpositionierung der CDU-Parteichefin KrampKarrenbauer) zu antworten?
- Mehrfach wurde von der Landesregierung betont, wie wichtig es sei, den Aachener Vertrag „mit Leben zu füllen“. Was genau können die Bürgerinnen und Bürger NordrheinWestfalens diesbezüglich von Ministerpräsident Laschet erwarten, auch vor dem Hintergrund der großen Meinungsverschiedenheiten innerhalb der CDU?
- Welche konkreten Initiativen plant die Landesregierung um in der Frage der deutsch-französischen Freundschaft eine ernsthafte Antwort auf Macrons Rede von Sorbonne zu geben, insbesondere in den Bereichen Klimaschutz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik?
- Welche Schritte unternimmt Europaminister Holthoff-Pförtner um den Aachener Vertrag in NRW umzusetzen?
- Was wurde konkret unternommen um den Aachener Vertrag offen gegenüber anderen europäischen Ländern, wie z.B. Polen, zu gestalten und diese Staaten aktiv in die deutsch-französischen Initiativen der Zusammenarbeit miteinzubeziehen?