Rüdiger Weiss: Kleine Anfrage zu EU-Austauschprogrammen für Azubis

Rüdiger Weiss: Kleine Anfrage zu EU-Austauschprogrammen für Azubis

Rüdiger Weiss: Kleine Anfrage zu EU-Austauschprogrammen für Azubis 5472 3648 Rüdiger Weiß

In ihrem Koalitionsvertrag verspricht die Landesregierung „EU-Austauschprogramme wie Erasmus+ zur Stärkung des Europagedankens […] noch stärker auf Auszubildende“ (S. 115) auszurichten und damit die Europakompetenz von Nichtakademikerinnen und -akademikern zu fördern. Außerdem sollen Vergabe und Anerkennung von binationalen Berufsabschlüssen ermöglicht werden (S.116).

Das Erasmus+-Programm der Europäischen Union trifft auf ein steigendes Interesse. Waren es im aktuellen Mehrjährigen Finanzrahmen 14,6 Milliarden Euro, die dem Programm zur Verfügung standen, werden von der Kommission eine Verdopplung der Mittel auf 30 Milliarden Euro für den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 gefordert und vom Europäische Parlament gar eine Mittelverdreifachung auf 41 Milliarden Euro. Es ist allerdings festzustellen, dass weiterhin vor allem Akademikerinnen und Akademiker von dem Angebot des europäischen Austausches Gebrauch machen.

Auslandsaufenthalte von Auszubildenden sind nicht sehr verbreitet. Dem Mobilitätbericht 2017 der Nationalen Agentur beim Bundesinstitut für Berufsbildung (NA beim BIBB) kann man entnehmen, dass nur 4,2% der nordrhein-westfälischen Auszubildenden einen Lernaufenthalt im Ausland absolvieren und das, obwohl viele unserer europäischen Nachbarn uns geographisch sehr nah sind.

Der Bundestag hat 2013 die Bundesregierung aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass bis 2020 mindestens 10% der Auszubildenden während ihrer Ausbildung Auslandserfahrungen sammeln. In ihrer Beantwortung der Kleinen Anfrage 1714 vom 15. November 2018 (Drucksache 17/4598), sagt die Landesregierung, dass auch sie sich nach diesem Ziel richten möchten.

In anderen Bundesländern ist die Bereitschaft unter den Auszubildenden für ein Praktikum ins Ausland zu gehen, deutlich höher, so zum Beispiel in Thüringen, Hamburg und SchleswigHolstein – NRW befindet sich bundesweit im hinteren Mittelfeld.

Bei den Auslandsaufenthalten stellt die NA im BIBB fest, dass diejenigen, die mit öffentlichen Fördermitteln finanziert werden, eine deutlich längere Dauer haben, als solche, die selbst finanziert werden müssen. Das unterstreicht ganz eindeutig die Wichtigkeit der Bezuschussung durch die öffentliche Hand.

Mit Initiativen wie „Europa – Erleben und Lernen“ möchte die Landesregierung Unternehmen dazu bewegen, ihren Auszubildenden mehrwöchige Auslandsaufenthalte zu ermöglichen – unter Inanspruchnahme von Erasmus+-Mitteln. Die Initiative startete Ende März 2019 mit 14 Unternehmen, die die im Rahmen der Initiative vorgelegte Absichtserklärung unterzeichneten. Angesichts der 45.539 Betriebe, die 2018 in Nordrhein-Westfalen ausgebildet haben, ist diese Zahl kaum der Rede wert. Ob die Initiative also eine reine PR-Maßnahme bleibt, oder ob sie einen nennenswerten Beitrag zur Stärkung der Europakompetenz von Auszubildenden in NRW leisten kann, bleibt abzuwarten.

Die Versprechungen der schwarz-gelben Landesregierung bleiben auch knapp zweieinhalb Jahre nach Übernahme der Regierungsgeschäfte unkonkret und die Landesregierung selbst einen Nachweis über deren Verwirklichung oder zumindest die hierzu unternommenen Anstrengungen schuldig.

Deshalb frage ich die Landesregierung:

  1. Wie viele Auszubildende in Nordrhein-Westfalen haben 2018 und im ersten Halbjahr 2019 einen Lernaufenthalt im Ausland absolviert? (Bitte auflisten nach Geschlecht, Alter und Berufssparten und Ausbildungsort)
  2. Was unternimmt die Landesregierung, um ihr selbsterklärtes Ziel von 10% Auszubildender mit Auslandserfahrung bis 2020 in den verbleibenden Monaten noch zu erreichen?
  3. Welche Mittel stellt die Landesregierung angesichts der nachgewiesenen Bedeutung öffentlicher Bezuschussung von Auslandsaufenthalten bereit, um die Europakompetenz von Auszubildenden zu stärken?(Bitte auflisten nach Höhe und Bereich)
  4. Wie viele Auszubildende werden aktuell bei den an „Europa – Erleben und Lernen“ teilnehmenden Unternehmen ausgebildet und haben damit die Möglichkeit von der Initiative zu profitieren?
  5. Was hat die Landesregierung unternommen, um die Vergabe und die Anerkennung von binationalen Berufsabschlüssen zu ermöglichen?

Meine Kleine Anfrage (inklusive Quellenangaben)

Die Antworten des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales