Rüdiger Weiss: Kleine Anfrage zum grenzüberschreitenden Katastrophenschutz

Rüdiger Weiss: Kleine Anfrage zum grenzüberschreitenden Katastrophenschutz

Rüdiger Weiss: Kleine Anfrage zum grenzüberschreitenden Katastrophenschutz 5472 3648 Rüdiger Weiß

In ihrem Koalitionsvertrag (S.116) verspricht die Landesregierung „die Zusammenarbeit der Krisenzentren im Fall von Naturkatastrophen“ zu verstärken und die „Kooperation im Bereich des Hochwasserschutzes – insbesondere im Rhein“ zu verbessern. Mit Belgien möchte die Landesregierung ein Abkommen schließen, das für den nuklearen Ernstfall ein länderübergreifendes Katastrophenschutzkonzept festlegt. Weiter verspricht sie explizit, sich „mit Nachdruck für die Abschaltung der Kernkraftwerke in Tihange und Doel“ einzusetzen (S. 117).

Zwar hat die Landesregierung im April 2019 eine „Erneuerte politische Erklärung der Regierungen der Mitgliedstaaten der Benelux-Union und des Landes Nordrhein-Westfalen über die weitere Entwicklung einer engen Zusammenarbeit“ unterzeichnet, die das Thema „Krisenmanagement und Katastrophenschutz“ explizit aufgreift. Allerdings beschränkt sich die Erklärung in diesem Bereich auf zu großen Teilen bereits geleistete Absichtsbekundungen, sodass aus ihr keine konkreten Maßnahmen oder neue Initiativen erwachsen.

In ihrem Antrag aus dem Mai 2019 fordern CDU und FDP die Landesregierung unter anderem auf, eine Koordinierungsstelle zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen NRW und der Benelux- Union einzusetzen und einen sprach- sowie sachkundigen Personalstamm für den Austausch von Verbindungspersonen bei grenzüberschreitenden Krisen aufzubauen. Im Rahmen der Benelux-Union soll die Landesregierung sich für ein Konzept einsetzen, das einheitliche Rahmenbedingungen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Bewältigung von Katastrophen und Großschadenslagen beschreibt.

Einige dieser Impulse sind durchaus zu begrüßen, da sie auf eine noch reibungsloser funktionierende grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich des Katastrophenschutzes hinwirken können.

Allerdings blenden CDU und FDP in ihrem Antrag kritische Bereiche im grenzüberschreitenden Katastrophenschutz vollständig aus. Vor allem das im eigenen Koaltionsvertrag angepriesene und versprochene Abkommen zwischen NRW und Belgien für den nuklearen Ernstfall wird mit keiner Silbe erwähnt.

Die Brisanz dieses Themas im Zusammenhang mit dem Handeln oder nicht-Handeln der Landesregierung ergibt sich nicht nur aus den sonderbaren Behauptungen des Ministerpräsidenten. 2017 behauptete er, mit Belgien in einem Dialog zu stehen was die Abschaltung von Tihange angehe, diese Gespräche wurden tatsächlich aber erst Monate später geführt.

Nun hat die Landesregierung in einem weiteren Schritt gezeigt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen nicht auf sie verlassen können, wenn es um einen bestmöglichen Schutz vor einem nuklearen Ernstfall geht.

In der 974. Sitzung des Bundesrates hat Nordrhein-Westfalen einen Antrag Baden-Württembergs, der verhindern sollte, dass Kernbrennstoffe aus deutscher Produktion in Anlagen im Ausland zum Einsatz kommen, deren Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft ist, mittels eines Entschließungsantrags dermaßen abgeschwächt, dass der Bundesratsbeschluss in dieser Sache letzten Endes wahrscheinlich vollständig wirkungslos bleiben wird.

Statt ein starkes Zeichen gegen den Weiterbetrieb deutscher Brennelementeexporte in grenznahe Risikoreaktoren wie Tihange zu setzen, versteckt sich die Landesregierung einmal mehr hinter der Bundesregierung.

Indem die Landesregierung versucht, dieses Problem auf die Bundesebene abzuschieben, bleibt unklar wie sie ihr im Koalitionsvertrag suggeriertes versprechen, selbst mit konkreten Initiativen für den Schutz der nordrhein-westfälischen Bevölkerung vor nuklearen Ernstfällen einzustehen, halten möchte.

Die Versprechungen der schwarz-gelben Landesregierung bleiben damit auch knapp zweieinhalb Jahre nach Übernahme der Regierungsgeschäfte unkonkret und die Landesregierung selbst einen Nachweis über deren Verwirklichung oder zumindest die hierzu unternommenen Anstrengungen schuldig.

Deshalb frage ich die Landesregierung:

1. Welche konkreten Initiativen und Maßnahmen, die über reine Absichtsbekundungen hinausgehen, kann die Landesregierung in Bezug auf die Verbesserung des grenzübergreifenden Katastrophenschutzes vorweisen?
2. Wie ist der Stand der Verhandlungen zu dem versprochenen länderübergreifenden Katastrophenschutzkonzept zwischen Belgien und NRW?
3. Wann ist mit der Einrichtung der „Koordinierungsstelle zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen NRW und der Benelux- Union“ und dem „Konzept für einheitliche Rahmenbedingungen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zur Bewältigung von Katastrophen und Großschadenslagen“ zu rechnen?
4. Was unternimmt die Landesregierung um zu verhindern, dass Kernbrennstoffe aus deutscher Produktion in Anlagen im Ausland zum Einsatz kommen, deren Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft ist?
5. Inwiefern ist die Landesregierung aktuell selbst – das heißt über einen Appell an die Bundesregierung hinaus – aktiv, um die nordrhein-westfälischen Bürgerinnen und Bürger bestmöglich vor einem grenzüberschreitenden nuklearen Ernstfall zu schützen?

Meine Kleine Anfrage (inklusive Quellenangaben)

Hier findet ihr die Antworten der Landesregierung