In dieser Woche kommen wir Abgeordnete das letzte Mal vor der Sommerpause im Plenum zusammen. Gestern, am Mittwoch, habe ich als europapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion zum Thema Europa gesprochen:
“Dass Europa bestehen bleibt, ist kein Automatismus. Wir müssen uns aktiv in den Prozess der Veränderung einmischen, wenn wir ihn zu unseren Gunsten und zum Wohle der Menschen in NRW beeinflussen wollen.”
Europa verändert sich. Diese Aussage allein ist selbstverständlich keine sonderlich weitreichende Erkenntnis, denn Stillstand hat es in Europa wohl nie gegeben. Aber was wir momentan erleben, wirft in letzter Konsequenz nicht nur die Frage danach auf, in welche Richtung sich Europa entwickelt. Sondern es stellt infrage, ob es in Zukunft überhaupt noch das gemeinsame Europa geben wird, dem wir einen Großteil unseres Wohlstands, unserer Freiheiten und unseres friedlichen Miteinanders verdanken.
Dass dieses Europa bestehen bleibt ist kein Automatismus – das dürfte mittlerweile allen klar geworden sein. Wir müssen uns aktiv in den Prozess der Veränderung einmischen, wenn wir ihn zu unseren Gunsten und zum Wohle der Menschen in Nordrhein-Westfalen beeinflussen wollen. Dabei ist Europa mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert, im Großen, wie im Kleinen.
Wir gemeinsam machen Europa stark
Die Probleme im Großen sind offensichtlich: Demokratiedefizit, Souveränitätsverlust, Spardiktat oder Migrationskrise – die EU muss sich vieler Vorwürfe erwehren und wir alle werden nicht umhinkommen, uns dieser Probleme im Großen anzunehmen. Denn wenn wir es nicht tun, dann wird das Futter für die wiedererstarkten rechten Kräfte in Europa nicht ausgehen. Wir dürfen uns dabei von den Parolen der Populisten nicht täuschen lassen.
Wir sollten uns eins vor Augen halten: Die Großzahl der Menschen in Europa fällt nicht auf die hohlen Phrasen der Europafeinde herein. Das Eurobarometer verzeichnete dieses Jahr ein Rekordhoch an Zustimmung zur EU. Mehr als zwei Drittel der EU-Bürgerinnen und -Bürger und 75 Prozent der Deutschen sind demnach der Ansicht, dass ihr Land von der EU-Mitgliedschaft profitiert. Das ist der höchste Wert seit 1983. Die EU tut den Bürgerinnen und Bürgern Gutes, und die Bürgerinnen und Bürger wissen das.
Das muss uns darin bestärken, dem einseitigen und selbstzerstörerischen „Nein“ der Populisten zu einem gemeinsamen Europa selbstbewusst entgegenzutreten. Ein Blick in das Vereinigte Königreich zeigt: Dieses plumpe „Nein“ zur EU ist nicht die Lösung, sondern das Problem. Doch es gibt auch die Probleme im Kleinen, die in der breiten Öffentlichkeit weniger intensiv wahrgenommen werden. Diese Probleme sind nichtsdestotrotz da und erschweren das tägliche Leben von Millionen Menschen.
Freiheit in Kultur und Wirtschaft
So ist es heutzutage problemlos möglich und auch keine Seltenheit mehr, in Nordrhein-Westfalen zu wohnen, aber sein Geld in Belgien oder den Niederlanden zu verdienen. Schwierigkeiten kann es beispielsweise aber geben, wenn der niederländische Arbeitgeber an der Krankenversicherung für die in Deutschland lebende Familie beteiligt ist. Es ist für grenzüberschreitend Tätige mitunter fast unmöglich, diesen Versicherungs-Wirrwarr zu entschlüsseln und zu begreifen.
Schwierigkeiten kann es geben, wenn eine bestens qualifizierte Belgierin sich erst gar nicht auf den Job bewirbt, den ein Betrieb in NRW seit langer Zeit besetzen möchte. Die Unsicherheiten über die Pflichten und Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern schrecken gute Bewerberinnen und Bewerber häufig ab. Es liegt jetzt an uns, auch Lösungen für diese Probleme zu finden. Mögliche Wege dorthin hat die Europäische Kommission aufgezeigt.
Und es ist klar, NRW muss seine Rolle als Mitgestalter in diesem Prozess aktiv wahrnehmen, wenn es weiter von Europa profitieren will. Dabei geht es um das große Ganze genauso wie um die kleinen Stellschrauben. Dieser Antrag, den die SPD einbringt, zielt auf ebenjene kleinen Stellschrauben ab, und bietet eine Basis für konkrete Maßnahmen, die das Land NRW fit für die Zukunft grenzüberschreitender Zusammenarbeit macht.
Das Video zu meiner Rede findet ihr hier.