Das 11. Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen ist den Städten und Gemeinden gewidmet. Sie sollen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestaltet sein. Für Deutschland bedeutet das unter anderem, den Zugang zu sicherem und bezahlbarem Wohnraum, nachhaltige Verkehrssysteme, die Senkung der Umweltbelastung und die Unterstützung ökonomischer, ökologischer und sozialer Verbindungen zwischen stadtnahen und ländlichen Gebieten zu verbessern. So unterschiedlich die Herausforderungen auch sein mögen, von bezahlbarem Wohnraum in Städten bis zu einer guten Verkehrsanbindung im ländlichen Raum – wir brauchen eine gemeinsame nachhaltige Lösungsstrategie für die Bewältigung dieser Probleme.
Die Alalborg Charta und daraus resultierende Projekte
Bereits 1994 verabschiedeten die europäischen Bürgermeister*innen auf der ersten Europäischen Konferenz über nachhaltige Städte und Gemeinden die Aalborg Charta und gaben den Anstoß für eine gemeinsame europäische Kampagne und unzählige lokale Projekte im urbanen und ländlichen Raum. Frankfurt am Main ist beispielsweise eine von sieben Städten auf dem Weg zur Zero Carbon City (Null Kohlenstoff Stadt), die mit Hilfe von Wissenschaftlern, die Stadt kohlenstofffrei gestaltet. In Duisburg gibt es das Projekt „Tausche Bildung für Wohnen“. Junge Menschen können mietfrei im Duisburger Stadtteil Marxloh wohnen, dafür geben sie als Bildungspate Nachhilfe Unterricht. Mittlerweile verpflichtet sich eine Vielzahl europäischer Städte und Gemeinden freiwillig dazu, die Nachhaltigkeitsziele der EU umzusetzen.
Die Basque Declaration
Die 2016 ins Leben gerufene Basque Declaration bietet weitere Kooperationsmöglichkeiten, wie eine Datenbank, die transformierende Maßnahmen bündelt und Visionen teilt. Außerdem fasst sie gemeinsame Ziele zusammen. Darunter fällt unter anderem die Reduktion des gesamten Energieverbrauchs, der Schutz der Biodiversität und die Garantie von sozialer Inklusion und Integration für alle. Dabei sind Alle, Entscheidungsträger und Zivilgesellschaft, aufgerufen die Transformation zu nachhaltigeren Städten und Gemeinden zu gestalten und nachhaltige Lösungen zu finden. Die Basque Declaration gibt drei Ebenen vor: die sozio-kulturelle, sozio-ökonomische und technologische Transformation, sowie 10 konkrete Ziele (z.B. nachhaltige Mobilität, ausreichend Wohnraum für alle, Energieverbrauch reduzieren). Es gab bereits erfolgreiche Projekte, wie in Gent. Die Stadt hat ihr Nahrungsmittelsystem lokal, belastbar, nachhaltig und fair gestaltet. Weniger Lebensmittel werden verschwendet und der Weg vom Ursprung zum Teller wurde minimiert.
So wollen deutsche Kommunen die von der UN gesetzen Ziele erreichen
Die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten“ ist eine Mustererklärung des Deutschen Städtetags und der deutschen Sektion des Rats der Gemeinden und Regionen Europas. Sie soll die Bereitschaft signalisieren, sich für die von der UN gesetzten Ziele der Agenda 2030 zu engagieren und wurde bereits von 81 deutschen Kommunen unterschrieben, darunter auch die Stadt Lünen. Der ICLEI (International Council for Local Environmental Initiatives) hat einen Maßnahmenkatalog für Kommunen erstellt, der Möglichkeiten und Pflichten im Rahmen der Nachhaltigkeitsziele zusammenfasst. So können Kommunen die gesetzten Ziele mit konkreten Maßnahmen umsetzen. Zum Beispiel kann bereits in der Städteplanung gegen das Ziel „Keine Armut“ (SDG 1) manifestiert werden, indem sozialer Bedarf erkannt und berücksichtigt wird. Im SDG Portal lässt sich nachverfolgen, wie weit die Kommunen bei der Umsetzung der Ziele sind. Es gibt bereits etliche Beispiele für erfolgreiche Projekte, wie im saarländischen St. Ingbert, wo jede*r Bürger*in Zugang zu einer höchstens 200m entfernten Bushaltestelle hat. Die Busse kommen alle 30min und verknüpfen so die ländlichen Gebiete mit der Stadt.
Besonders die Entwicklung in den Städten entscheidet über unser zukünftiges Wohlergehen. Heute leben 2/3 der Deutschen in Städten. Die Bundesregierung unterstützt moderne Konzepte, die unsere Städte nachhaltiger machen. Die Innovationsplattform Zukunftsstadt soll gute Ideen schneller in den Alltag der Städte bringen. Zu den sieben ausgewählten Städten gehören auch die NRW-Städte Bocholt und Gelsenkirchen. Gelsenkirchen hat das Konzept der „Lernenden Stadt“ entwickelt, mit einer inklusiven, gerechten und nachhaltigen Bildung soll mit den Einwohnern gemeinsam das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung erreicht werden.
Fair Trade Towns gibt’s auch in meinem Wahlkreis
Bei der Kampagne Fair Trade Towns handelt es sich um eine Initiative des gemeinnützigen Vereins TransFair. Städte, die gezielt den fairen Handel auf kommunaler Ebene fördern werden mit dem Zertifikat „Fair Trade Town ausgezeichnet. Der Verein hat ein Netzwerk geschaffen, das die Aktivitäten bündelt und Akteure aus Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft vernetzt, um gemeinsam soziale Verantwortung zu übernehmen. Dies geschieht beispielsweise auf Konferenzen, in regionalen Netzwerken oder auf der Webseite. Dabei sind auch Partnerschaften mit dem globalen Süden entstanden. Um als Fair Trade Stadt ausgezeichnet zu werden, bedarf es unteranderem einem Ratsbeschluss, einer Steuerungsgruppe, die Aktivitäten koordiniert und Geschäften und Restaurants, die Produkte aus fairem Handel anbieten. Ich bin stolz, dass auch die Städte meines Wahlkreis Fair Trade Towns sind.
Rückschlage und Lichtblicke für Faire Beschaffung in NRW
Leider gibt es auch Rückschläge, wie bei der fairen und nachhaltigen Beschaffung. Das Tariftreue- und Vergabegesetz (TVgG), das wir als NRW SPD 2012 im Landtag durchsetzen konnten, sollte die faire und umweltfreundliche Beschaffung des Landes und der Kommunen festschreiben. Das Gesetz wurde allerdings von der schwarz-gelben Regierung ausgehöhlt und erfüllt nicht mehr seinen Zweck. Möchte eine Verwaltung heute beispielsweise Büromöbel beschaffen, wird ein Auftrag veröffentlicht, auf den sich verschiedene Unternehmen bewerben können. Die Angebote werden verglichen und das ökonomisch günstigste, das den qualitativen Ansprüchen entspricht, erhält den Zuschlag. Mit dem ursprünglichen TVgG hätten auch Kriterien, wie Nachhaltigkeit und die Einhaltung der Mindeststandards internationaler Menschenrechtsorganisationen bei der Entscheidung berücksichtigt werden müssen. Einzelne Kommunen und Städte, wie zum Beispiel die Stadt Dortmund, sind mittlerweile selbst tätig geworden und haben ein Gesetz – ihr eigenes „Mini-TVgG“ – verabschiedet.
Auch wenn dadurch Rechtssicherheit für nachhaltig beschaffende Kommunen gewährleistet ist, bedeutet die Abwesenheit einer landesweiten Regel viel Aufwand für alle, da es keine zentrale Stelle gibt, die beispielsweise die Dienstleister oder Produzenten überprüft. Dortmund hat vorgemacht, was eigentlich für ganz NRW gelten muss: Nachhaltige Beschaffung ist möglich. Nebenbei ist sie entgegen vieler Vorurteile nicht teurer, denn die Produkte halten oft länger und wiegen die höheren Kosten auf.
Es ist wichtig, dass wir gemeinsam mit Städten und Kommunen Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit finden. Dabei müssen Städte, Dörfer und das Land Hand in Hand arbeiten und von den Ländern und dem Bund unterstützt werden, um gemeinsam die global gesetzten Ziele zu erreichen.